Täglich zwei Stunden im Stau, weil die Gemeinden keine Umfahrung wollten
Bis zu 30 Minuten länger dauert derzeit die Fahrt vom südlichen Bielerseeufer in die Stadt Biel oder auf die Autobahn. Grund dafür ist ein Kreiselumbau – und ein fehlender Konsens.
29.04.2025, 11:02
Wenn der Arbeitsweg von einem Tag auf den anderen von 15 Minuten auf 45 anwächst. Genau das erleben derzeit die Einwohnerinnen und Einwohner von Bellmund und dem ganzen südlichen Bielerseeufer, die nach Biel, auf die Autobahn oder auf die andere Seite der Stadt zum Arbeiten fahren müssen.
Sie müssen alle durch das Nadelöhr Kreuzwegkreisel – und brauchen derzeit viel Geduld: Es laufen seit einer Woche Umbauarbeiten, der Kreisel wird für 1,3 Millionen um vier Meter verschoben, um ihn sicherer zu machen. Diese dauern voraussichtlich bis im September. Wartezeiten von 30 Minuten und mehr sind derzeit keine Seltenheit.
«Zu meinem Arbeitsort im Spital in Biel brauche ich derzeit etwa drei- oder viermal so lange wie sonst», erzählt eine Benutzerin des Kreisels aus Täuffelen. Sie sei durch Schichtarbeit auf das Auto angewiesen, somit bleibt ihr nichts anderes übrig, als im Stau zu stehen – täglich bis zu zwei Stunden, falls sie zu Hause essen will.
                                    Die Fahrt von Ipsach an den Bieler Bahnhof, die sonst zehn Minuten dauert, erstreckt sich derzeit auf 30 bis 50 Minuten. Das erzählt ein Sutzer, der Material auf die andere Seeseite nach Vingelz transportiert: «Ich habe 40 Minuten gebraucht, sonst sind es 10 bis 15.» Ein grösseres Verkehrskonzept scheint zu fehlen, es regeln lediglich vier Personen des Verkehrsdienstes die Kolonnen während der Stosszeiten.
Beste Lösung wurde gesucht
Gemäss Titus Moser, Projektverantwortlicher des Umbaus vonseiten des Kantons, habe man durch Schichtbetrieb auf der Baustelle versucht, die Gesamtdauer der Bauarbeiten möglichst kurz zu halten. So wird ab dem 5. Mai von 6 Uhr bis 23 Uhr im Zweischichtbetrieb gearbeitet. Für den Verkehr lautet das Konzept, dass er einspurig geführt wird. Und dass in den Stosszeiten – morgens, mittags und abends – ebendieser Verkehrsdienst die Automassen lenkt. Dies sei so mit der Kantonspolizei und dem Strasseninspektorat abgesprochen. Doch genau dieses Konzept löst grossen Stau aus, wobei die Erschliessung des Südufers des Bielersees ab Biel die grössten Verkehrsprobleme ergebe.
                                    Ein Radfahrer aus Bellmund erzählt, er stehe mit seinem Velo ebenso im Stau wie die Autos. Durch das hohe Verkehrsaufkommen sei es kaum möglich, die Autokolonne rechts zu überholen – zumal es von der «Hueb» herab keinen Fahrradstreifen gibt.
Dafür lenke ihn der Verkehrsdienst jeweils vor dem Kreisel über den Parkplatz der einen Tankstelle, via Fussgängerstreifen über den Parkplatz der anderen Tankstelle. Damit könne zwar der Verkehr umgangen werden, allerdings muss man sich zwischen den Autos hindurchschlängeln und das Velo durch ein Pflanzenbeet schieben.
                                    Dabei hat der Kanton Bern sogar nach einer anderen Lösung gesucht – gemeinsam mit den vier betroffenen Gemeinden Nidau, Ipsach, Port und Bellmund. Nur konnte «keine für alle befriedigende Umfahrungsmöglichkeit» gefunden werden, sagt Projektleiter Titus Moser.
Gemeinden fanden keinen Konsens für Umfahrung
Die Gemeinde Ipsach erklärt, dass sie gegenüber einer Umfahrung über Gemeindestrassen offen gewesen sei. Die Bedingung sei gewesen, dass die Umfahrung über die Quellmatt- und die Schürlistrasse geführt wird, also südlich der Hauptstrasse, durch das Wohnquartier am Hang oberhalb des Dorfs. Mit dieser Bedingung fand man unter den anderen Gemeinden aber keinen Konsens. Neben Ipsach hat sich bis Redaktionsschluss keine der Gemeinden geäussert.
Die einzige Möglichkeit wäre also gemäss Moser gewesen, wenn man eine sehr grossräumige Umfahrung eingerichtet hätte. Diese wäre aber für den lokalen Verkehr kaum zielführend gewesen.
                                    Auch Bauarbeiten während der Nacht hätten keine Auswirkungen auf Staus, sagt Moser. Die Arbeiten am Kreisel «würden keine Freigabe der ganzen Fläche zur Befahrung am Tag ermöglichen», so Moser. Man sei sich bereits vor dem Beginn der Arbeiten bewusst gewesen, dass es zu grossen Wartezeiten kommen könne, da keine Umfahrung gewährleistet werden kann.
Hoffnung zur Besserung besteht
Der Projektleiter sieht aber auch Hoffnung auf Besserung: Aus Erfahrung wisse man, dass sich Verkehrsteilnehmer mit der Zeit anders organisieren werden, sprich auf den ÖV umsteigen, andere Routen finden oder nicht zu den Stosszeiten über den Kreisel fahren. Dennoch würde die aktuelle Verkehrsführung bis Abschluss der Bauarbeiten im September so bestehen bleiben, sagt Moser. Und auch bei den Alternativrouten zeigen sich bereits Probleme: So ist gemäss dem Bellmunder Radfahrer oft auch die Lohngasse zwischen Bellmund und dem Wehr in Port verstopft. Diese wurde vor einigen Jahren als verkehrsberuhigende Massnahme verengt.
Und auch, dass es nach den Umbauarbeiten weniger Stau gibt, ist wohl unwahrscheinlich. Mit dem Neubau wird nämlich der Bypass von der Hauptstrasse auf die Ipsachstrasse – also das direkte Rechtsabbiegen von Nidau her Richtung Ipsach – aufgehoben. Der Kreisel wird damit überall nur noch einspurig befahrbar.