
Schweizer Bluesgrösse Philipp Fankhauser im «Chlösterli» Gstaad
Am Freitag spielte Philipp Fankhauser mit seiner Band ein Konzert im «Chlösterli». Ein grossartiger Auftakt des Konzertjahres 2023, bei dem die Band um Fankhauser schlussendlich mehr als eine halbe Stunde über die vorgesehene Zeit Zugaben spielte.
9.01.2023, 12:37
Am Freitagabend fand das erste grössere Konzert im «Chlösterli» seit der Wiedereröffnung im Dezember 2022 statt. Das Publikum wurde dabei von niemand geringerem als Philipp Fankhauser mit seiner Band beehrt. Diese spielte ihr erstes Konzert der neuen Tour in diesem Jahr nach der Plattentaufe in der «Mühle Hunziken» Mitte Dezember für das neue Album «Heebie Jeebies – The Early Songs of Johnny Copeland». Es ist das 17. Album von Fankhauser und der Titel ist laut seiner Website am ehesten mit «Gänsehaut» zu übersetzen. Etwas, das auch die Konzertbesucher gehabt haben dürften.
Tribut an Johnny Copeland
Das neue Album von Fankhauser, das er im Dezember veröffentlichte, ist ein Tribut an die Blueslegende und Fankhausers Idol Johnny Copeland. Das merkte man auch während des Konzertes: Fankhauser, der den Musiker immer wieder getroffen hatte, erzählte Anekdoten von gemeinsamen Erlebnissen.
So zum Beispiel bei ihrem ersten Treffen: Fankhauser habe sich 1983 am Montreux Jazz Festival in den Backstagebereich geschlichen, um mit seinem Idol, das er erst an diesem Abend am Konzert kennengelernt hatte, ein paar Worte zu wechseln.

Ein prägendes Erlebnis, wie Fankhauser erzählte. Es habe seine Auffassung von Blues enorm erweitert. «Ein absoluter Paradiesvogel, mit gelben Krokodillederschuhen und weissem Cowboyhut war Copeland.» Er habe diesen gefragt: «Kann ich jemals so eine Bluesgrösse werden wie du?» Copeland habe lange überlegt und sich mit seinen Bandmitgliedern ausgetauscht.
Kein gutes Zeichen, wie Fankhauser dem Publikum verriet: «Sobald sich Backstage die Bandmitglieder anschauen, würde ich heute den Bereich so schnell wie möglich verlassen.» Copeland habe schliesslich folgende Antwort gegeben: «Vermutlich schaffst du das nicht, das wäre sehr unwahrscheinlich. Aber hör nie damit auf, daran zu arbeiten und daran zu glauben.»
Das hat Fankhauser glücklicherweise bis heute nicht getan und konnte so ein für den Blues untypisch fröhliches und tanzbares Album veröffentlichen – stets mit dem Ziel, an die Musik von Copeland heranzukommen.
Geborener Entertainer
Fankhauser scheint wie für die Bühne gemacht. Er steht gerne im Fokus des Publikums und unterhält dieses auch mit seiner trocken-witzigen und charmanten Art. Natürlich hatte er wieder Tonträger dabei, die nach dem Konzert käuflich erworben – wie Fankhauser es ausdrückte – und auch gleich von den Bandmitgliedern signiert werden konnten. Und natürlich gehören neben Vinylschallplatten und CDs auch Musikkassetten dazu.
Fünf Fragen an Philipp Fankhauser
Wie sind Sie zufrieden mit dem heutigen Auftritt?
Ich fand dieses Konzert heute Abend sehr schön, das Publikum hatte offenbar auch Freude und Spass. Ich kann mich noch an den letzten Auftritt hier vor drei Jahren erinnern, da hatte es – soweit ich weiss – keine Bühne, das war etwas schwierig. Die Leute sind so immer wieder in unser «Revier» getreten. Verglichen damit war das heutige Konzert stressfrei und sehr angenehm.
Wie ist es, im «Chlösterli» zu spielen, verglichen mit den anderen Locations, die Sie bespielen?
Ich spiele sehr gerne hier, auch wenn es gewisse Schwierigkeiten gibt. Ich habe jeweils das Gefühl, ich erreiche nicht alle Leute. Dies ist der Raumaufteilung zuzuschreiben. Die Leute an der Bar hinten haben weniger ein visuelles Erlebnis und hängen dadurch irgendwann ein bisschen ab. Somit war ich erstaunt, wie gut das heute geklappt hat. Manchmal ist es dann so – vor allem wenn das Konzert so spät am Abend beginnt – dass gewisse Leute im Publikum schon etwas intus haben. Und wenn die Leute ausgehen, wollen sie wohl auch einfach ein bisschen miteinander plaudern. Gerade die Schweizer reden wahnsinnig gerne miteinander während Konzerten. Es ist auch keine Konzertsituation mit bestuhlten Rängen. Das mag ich halt schon sehr gerne, wenn die Leute an dein Konzert kommen und dafür das Haus verlassen. Das hier war mehr so etwas in Richtung Party, eine Art Zwischensituation.
Ist die Country Night Gstaad wieder mal ein Thema?
Wir haben gerade vorletztes Jahr, also 2021 an der Country Night gespielt, wie auch schon 2015. Das heisst, in diesem Jahr wohl eher nicht. Ich will da Marcel (Bach, Anm. d. Redaktion) nicht unter Druck setzen, aber rein vom Rhythmus her spielen wir dann vielleicht im 2027 wieder an der Country Night (schmunzelt). Ich spiele jederzeit wieder sehr gerne an der Country Night. Ich glaube, die Leute hatten auch grosse Freude, uns dort spielen zu sehen.
Was inspiriert Sie am Berner Oberland?
Wenn ich das Simmental hochfahre und es noch einigermassen so aussieht, wie es vor 30 Jahren aussah, bereitet mir das Freude. Diesen Bau- und Modernisierungswahn, den wir in der Schweiz haben, finde ich nicht nur gut. Da mag ich es, wenn es diese Gemütlichkeit noch gibt und man sich mit dem zufrieden gibt, was man hat. Zweisimmen heisst immer noch Zweisimmen und nicht etwa «Two-Simmen» und wirbt auch nicht mit «Tourists welcome» und so weiter und das gefällt mir. Ich finde das einfach beruhigend. Die Geschwindigkeit, mit der dieser ganze Globalisierungs-Sch… vonstatten geht, finde ich beängstigend. Ich meine, im Simmental, Saanenland und im gesamten Berner Oberland isst man wahrscheinlich auch noch mehr regionale Produkte, schaut besser zueinander und geht noch öfters in regionale Geschäfte und kauft nicht immer alles online ein. Das finde ich schön.
Weshalb verkaufen Sie Ihre Alben auf Audiokassetten?
Wir haben 2017 mit dem Album «I’ll Be Around» zum ersten Mal eine Kassette herausgegeben, einfach weil mein Platten- und CD-Produzent hier in der Schweiz sagte: «Ich habe hier einen gewissen Trend» mit den damals wiederaufkommenden Vinylschallplatten, die übrigens alle in der Schweiz produziert werden. Und ich merkte dann, dass es doch etliche Leute gibt, die entweder alte Autos fahren, in denen es noch Kassettenspieler gibt oder auch Leute, die im Stall oder auf der Heubühne noch alte Grundiggeräte haben. Diese Leute sagen: «Ich habe seit 20 Jahren keine neue Kassette mehr gekauft» und freuen sich dann extrem, wenn sie sich wieder mal eine kaufen können. Man muss aber hier sagen, dass das kein Riesenbusiness ist. Eine Kassette kostet etwa das dreifache einer CD in der Herstellung und wir verkaufen sie günstiger als die CDs. Aber die Leute freuts!
Fankhauser führte gekonnt und abwechslungsreich durch den Abend, erzählte abwechselnd witzige und traurige Anekdoten und spielte Musik. Auch diese abwechslungsreich: Immer wieder spielten die sechs Bandmitglieder überwältigende Soli, bei denen jeder Musiker auf seinem Instrument das Publikum zu verblüffen vermochte.
Zwei, drei Stücke spielte die Band ohne Fankhauser, mit der Stimme des Elsässer Gitarristen Flo Bauer, der erst wenige Monate Mitglied der Band ist und den ehemaligen Gitarristen und Bandleader Marco Jencarelli ersetzt. Neuer Bandleader ist Schlagzeuger Richard Spooner.
Unverkennbare Stimme
Fankhausers Musik geht unter die Haut, nicht zuletzt wegen seiner rauen und doch angenehmen und einfühlsamen Stimme. Man spürte, dass die ganze Band mit Leib und Seele dabei ist, hinter ihrer Musik steht und für sie lebt.
Fankhauser als Kopf der Band bemühte sich, die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich zu ziehen – was ihm über weite Strecken gelang. Im «Chlösterli» herrschen dafür eher schwierige Bedingungen, wie Fankhauser nach dem Konzert sagte: «Der Raum ist mehrfach durchtrennt mit der Bar und den Lounges, da ist es schwer, die Gunst aller Zuschauer zu gewinnen. Doch heute gelang das sehr gut.»
Auch das Publikum war begeistert: Nachdem die Band einige wenige Minuten zu spät angefangen hatte, spielte sie am Schluss Zugabe um Zugabe. Auch weil das Publikum mit anhaltendem Applaus immer mehr forderte. So spielte die Band am Ende über eine halbe Stunde länger als geplant.
Fast ausverkauftes Haus
Laut dem Wirt des «Chlösterlis», Martin Bieri, war das Konzert mit gut 250 Gästen fast ausverkauft. Sie kamen in den Genuss eines grossartigen Konzertes von sechs Musikern, die alle merkbar mit Herzblut hinter ihrer Musik standen. Auch Fankhauser selbst gab sich nach dem Konzert zufrieden mit dem Tourstart.
Im Vorfeld gab es – wie für das «Chlösterli» typisch – ein Dreigangmenu, für das man ein Kombiticket mit Konzerteintritt kaufen konnte. Das Überraschungsmenu war ein bodenständiges, das ins Konzept der neuen Alpenbrasserie passt. Dieses Angebot fand Anklang bei den Konzertbesuchern. Alle Tische waren besetzt, nur noch wenige Einzelplätze blieben frei.